„Eine Woche“
Ich
bin fertig wie ein Brötchen. Zugegeben, wir sind im Normalfall und
im besonderen in Deutschland nicht die allergrößten
Bewegungsmonster. Ein gemütliches Sofa mit Fernseher, ein schöner
Grillabend im Garten, eine kleine Feier am Wochenende – so haben
wir bisher die Abende ganz gut verbracht, auch ohne uns sportlich zu
betätigen. Das haben wir in den letzten acht Tagen eindeutig
kompensiert.
Ich weiß gar nicht, ob wir hier ein Sofa besitzen,
geschweige denn einen Fernseher. Eventuell haben wir unseren Ehrgeiz
unterschätzt, angefangene Dinge auch zu Ende zu führen und vor
allem rechneten wir nicht mit dem dornröschenartigen Schlummer, in
den das Häuschen seit Jahrzehnten gefallen ist. Egal in welcher Ecke
wir zugreifen, es erschließen sich sofort neue Arbeitswelten, von
welchen wir die Finger nicht lassen können - hauptsächlich auch
deshalb, damit wir nicht auf einer kompletten Baustelle wohnen.
Also
liege ich jetzt platt wie eine Flunder auf der herrlichsten
Gartenliege der Welt und kann kaum noch krabbeln. Aber es ist nicht
schlimm, darum sind wir ja hier und so widme ich mich ausgiebig der
spanischen Siesta.
Tatsächlich
sind wir aber nicht nur mit Arbeit beschäftigt. Am vergangenen
Wochenende hat Rafael eingeladen, da konnte ich natürlich nicht
widerstehen. So waren wir mit der ganzen family bei der „Rafa Nadal
Open“ im Rahmen der ATP Challenger Tour, meinem ersten offiziellen
Tennisturnier. Wir haben zum warm werden erst mal nur als Zuschauer
teilgenommen, vielleicht ändert sich das im kommenden Jahr 😎
Außer
meinem Mann hat der restliche Teil der Gruppe bisher recht wenig
Bezug zum Tennisspielen. Die aktive Laufbahn ist bei uns allen
schon etwas länger her, bei unserem Sohn hat sie noch
nicht einmal begonnen. So fuhren wir mit einer Stimmungskurve von
euphorisch bis gelangweilt in unserem silberfarbenen Flitzer zur
Austragungsstätte. Laut quietschend parkten wir selbstbewusst
zwischen Porsche und BMW, einigen misstrauischen Blicken der
polohemdgekleideten und slipperbeschuhten Tennisfans aus nah und fern
ausgesetzt.
Im
nagelneuen Gebäude und um den Centercourt herum herrscht emsiges
Gewimmel. Es spielt Matthias Bachinger, das deutsche Talent aus
München, im Endspiel gegen den Australier Bernard Tomic. Wir warten
brav, bis der Satz beendet ist, dann huschen wir schnell auf die
Zuschauertribüne. Das ist ja wie in der Kirche: „Macht keinen Lärm
und nur Flüstern!“ Als ein gelbes Geschoss mit 200 km/h an uns
vorbei flitzt, fragt unser Junior dann doch mal kurz erstaunt „Was
war denn das?“ - „Der Tennisball.“
Ja,
ich bin zugegebenermaßen ziemlich schnell gefangen von der
Atmosphäre. Gespannte Stille, Aufschlag, Netz, ein Raunen geht durch
die Menge. Die Spieler kämpfen, schenken sich nichts, ein
überraschender Ballwechsel – wo landet er? Kollektives Jubeln,
Szenenapplaus. Die Flutlicht - Beleuchtung zieht Schwärme von Motten
an, diejenigen die herunter fallen, haben einen Freiflug mit dem
Tennisschläger gut.
Parallel spielt Rafael bei den US Open, im
großen Saal wird das Spiel live übertragen und die stolzen
Mallorquiner fiebern lautstark mit. Wir tun das Gleiche bei Matthias,
allerdings nicht ganz so lautstark, ist ja verboten.
Am
Ende hat es für den Sieg ganz knapp nicht gereicht, im Tie-Break
setzt sich der Australier durch. Uns macht das ganz und gar nichts
aus, die Kinder sind stolz auf ihr Selfie mit Matthias und
unterhalten sich höchst professionell über Weltranglisten und
Volleys.
So
laufen wir kurz vor Mitternacht in der Traube der Polohemden zurück
zum Parkplatz. Fahren durch die laue, nach Meer duftende Sommerluft
Richtung Häuschen, an Bord des silbernen Flitzers mindestens drei
Tennisfreunde mehr.