"Vertrauen ist gut..."
„Und?
Wie fühlst Du dich?“ fragte ich meinen Mann euphorisch am Tag nach
unserer Ankunft auf der Insel. „Irgendwie noch nicht so vertraut“
kam die etwas verhaltene Antwort. Hm. Das war allerdings nicht ganz
das, was ich erwartet hatte...
Denn
wir kommen ja inzwischen wirklich häufig nach
Mallorca, kennen unseren Mikrokosmos, die Umgebung, den Bäcker, das
Meer, verstehen die Sprache und haben spanische Freunde gefunden.
Und
doch ist es anders.
Warum? Nicht, weil wir diesmal länger bleiben.
Wir machen Pause. Wir haben viel Vertrautes zurück gelassen. Wir haben Verantwortung abgegeben und ja, wir haben uns ein bisschen aus dem Staub gemacht, anderen unsere Aufgaben übertragen. Mein Haus, mein Hase, mein soziales Umfeld, meine Freunde, meine Familie.
Unser
Haus vermisse ich überhaupt nicht. Ist das erschreckend? Ich
vermisse im Allgemeinen nur etwas, womit ich mich wohl gefühlt
habe. So lasse ich mit dem Haus offensichtlich eine leere Hülle
zurück, denn das Wesentliche, meine Familie, habe ich mitgenommen.
Auch die Pause von meinen sozialen Engagements tut mir
erstaunlicherweise ganz gut, das hatte ich nicht erwartet. Eventuell
sollte ich noch einmal darüber nachdenken, welche Dinge ich aus Überzeugung
tue und welche eher anderen zuliebe...auf Dauer wird nur das
überleben, was von Herzen kommt.
Hier
haben wir bislang wenig soziale Kontakte. Die vergangenen drei Wochen
waren geprägt von Arbeit und Familie. Das Vertrauen ist gewachsen,
das Häuschen wird langsam unseres, ein Zuhause. Wir sitzen wirklich
eng aufeinander, doch das funktioniert besser als erwartet. Wir haben
viel weniger Materielles, aber viel mehr voneinander.
Meine Tochter
freut sich über einen Mülleimer in ihrem Zimmer und einen neuen
Geldbeutel. Auch das ist überraschend, wenn man bedenkt, mit wie
viel Kram unsere Kinderzimmer in Deutschland vollgestopft sind und
ich trotzdem immer den Eindruck habe, es ist nie genug.
Doch
wir können hier nicht ewig im eigenen Brei schwimmen, den Schritt
heraus aus unserem Kokon haben wir bisher allerdings noch gescheut.
Vertrauen aufzubauen ist wohl manchmal gar nicht so leicht? Am
Mittwoch hat die Schule begonnen, eventuell ist das der erste
Schritt...
Ja,
wir haben einiges zurück gelassen als wir gingen, doch wahre
Vertrautheit lässt sich nicht abstellen, egal wie viele Meilen auch
dazwischen liegen mögen. Die Menschen und Dinge, die wir im Herzen
tragen, werden wir nicht verlieren.
Und
so vertrauen wir darauf, dass es sein wird, als wären wir nie weg
gewesen wenn wir zurück kommen.
Es
ist inzwischen 4:35 Uhr und es zieht ein Gewitter auf. Genug
geschrieben.
Um
die anderen nicht zu wecken, lege ich mich im Wohnzimmer aufs
mallorquinisch bunt gemusterte Ausziehsofa und decke mich mit der
riesigen Foto - Kuscheldecke meiner Freundinnen zu. Mir wird warm ums
Herz und bevor ich einschlafe, kommt mir noch ein Zitat in den Sinn –
schon oft gehört, doch absolut zeitlos:
„Man
sieht nur mit dem Herzen gut,
das Wesentliche ist für die Augen
unsichtbar...“
Lies
mal wieder „Der kleine Prinz“ und nimm Dir Zeit für das
Wesentliche.